Wohnen | Kežmarská Chata, Kezmarska Hut

Spektakuläres „was wäre, wenn“

Wenn schon in die Landschaft eingreifen, dann doch gleich mit einem ordentlichen Fremdkörper!

by Jan Zimmermann

Klar, die Landschaft ist eigentlich viel zu schön, weshalb man sich hier als Naturfreund am liebsten an den Boden ketten oder vor einen Bulldozer werfen möchte, um eine „Berührung“ durch den Menschen zu verhindern. Aber wenn es schon kein Zurück mehr gäbe, ja, wenn schon alles von das Sagen habenden Leuten in unnachgiebig übermächtiger Weise beschlossen und jeder Widerstand zwecklos sein sollte, warum dann nicht gleich etwas Radikales „in den Raum werfen“? Ja, wenn schon ein Gebäude in diese ansonsten unberührte Naturlandschaft hineinsetzten, dann doch am besten gleich eines, das „außerirdischen Ursprungs“ ist.

Die Landschaft, von der ich hier rede, ist die slowakische Hohe Tatra – der höchste Abschnitt der Karpaten und Teil diverser unter besonderem Schutz stehender Nationalparks. Besagtes Bauwerk ist wiederum ein auf einer seiner Kanten liegender Kubus, der wirkt, als sei er einfach vom Himmel gefallen. Bei diesem radikalen Eingriff in die schöne Naturlandschaft handelt es sich um den Entwurf von ATELIER 8000 für einen Wettbewerb um eine neue „Kezmarska-Hütte“ (vermutlich von „Kezmarok“, einer Stadt in der Hohen Tatra).

Hostel

Insgesamt soll der Würfel die Funktion eines Hostels für Backpacker und Skifahrer erfüllen. Die Schlafräume befinden sich im ersten und zweiten Stock. Das Dachgeschoss hält neben einem Meditationsraum noch Extraschlafräume für Notfälle bereit. Im Erdgeschoss befinden sich ein Restaurant und der Eingangsbereich. Im Untergeschoss betritt das Personal das Gebäude. Hier gibt es außerdem eine Garage für Schneemobile, Lagerraum für Skier, Schuhe und Rucksäcke sowie einen Trockenraum und die Haustechnik.

Grüner Würfel

Dem Würfel liegt eine Holzkonstruktion zugrunde, gekleidet in eine Hülle aus transluzenten Aluminiumpaneelen, die sich mit Photovoltaikmodulen und Fenstern abwechseln. Insgesamt erfüllt die neue „Kezmarska-Hütte“ die Anforderungen eines Passivhauses. Neben Photovoltaikmodulen verfügt sie über thermische Sonnenkollektoren, die, wie auch der Innenraum durch die Fenster, von der optimalen Sonnenausrichtung des Würfels profitieren. Wärmeenergie wird dabei in Wassertanks gespeichert. Ein Holzofen im Innern unterstützt bei Bedarf das auf Sonnenlicht basierende Heizen.

Lieber nicht

Die Idee des Entwurfs bestand darin, dass sich der Würfel durch seine spezielle Position – die nach oben weisende Ecke sowie ein Spiel von Licht und Schatten, das von einem Blick auf stets drei Seiten des Kubus herrührt – an die umliegenden Berge angleicht. Schlussendlich sind Wörter wie „Angleichung“ oder „Integration“ jedoch so ziemlich das Letzte, was einem zu diesem Gebäude einfällt. Vielmehr erzielt der Würfel eine gegenteilige Wirkung, nämlich die eines Spektakulums, das alle Blicke an sich reißt und die Umgebung eher vergessen lässt. Den Wettbewerb gewonnen hat dann letztendlich auch ein sehr viel unauffälligerer Entwurf. Für die Hohe Tatra ist es sicherlich besser so. Doch können wir ATELIER 8000 immerhin dankbar für diese Bilder eines überaus spektakulären „was wäre, wenn“ sein.

Projektdetails
Architekt: ATELIER 8000  
Status: Entwurf
Ort: Hohe Tatra
Land: Slowakei